25 Jahre FLYER: Vom Nischen- zum Massenprodukt

Kurt Schär, ehemaliger CEO von FLYER, erzählt vom Aufstieg des FLYER E-Bikes.

Auf den Spuren der FLYER Pioniere verschlägt es uns ins tiefe Luzerner Hinterland. Kurt Schär begrüsst uns auf der «Sunnsite» (dt.: Sonnenseite), einem urchigen, heimeligen Bauernhaus, das als seine Ferienresidenz dient, oberhalb des Dorfes Luthern. Sonnig waren die Tage nicht immer, es waren bewegte Zeiten, auf die wir mit dem ehemaligen Geschäftsführer und Inhaber der damaligen Biketec AG (heute FLYER AG) zurückblicken.

«Im Jahre 1997 sass ich das erste Mal auf einem Elektrovelo», erzählt Kurt Schär. «Ich testete den FLYER Classic in Langenthal und fand das ganz cool.» Wir schreiben das Jahr 2000 als Kurt Schär auf der Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung eine Stellenanzeige der Firma BKTech – damalige Produzentin der FLYER E-Bikes – entdeckt. Er packt seine Chance und darf sich bald darauf Geschäftsführer nennen, mitten in stürmischen Zeiten – die Firma kämpft mit finanziellen Herausforderungen.

Im Herbst 2001 wird der finanzielle Druck für die BKTech zu gross, Kurt Schär ist gezwungen die Nachlassstundung einzuleiten, ist aber nach wie vor überzeugt vom Produkt E-Bike. «Mir war klar, dass es sich beim Produkt E-Bike um einen Zukunftsmarkt handelt», erzählt Kurt Schär. Mit Hans Furrer als Partner entwickelt Kurt Schär ein Produkt, das zum Siegeszug ansetzen könnte. Ein E-Bike, das leichtes, komfortables Fahrradfahren und unabhängige Mobilität (wieder) möglich macht – die FLYER C-Serie.

Kurt Schär mit C-Serie 2003
Kurt Schär mit einer FLYER C-Serie, 2003

So kaufen die beiden mit zwei weiteren Partnern den Nachlass, gründen die Firma Biketec AG mit Standort in Kirchberg (BE) und finden mit Panasonic einen starken Technologie-Partner. 2003 kommt die FLYER C-Serie auf den Markt. Von vielen als «Grossmuttervelo» verhöhnt, bringt die C-Serie komfortables Fahrradfahren kombiniert mit klassischem Design auf den Punkt und schafft die ersehnte Wende.

Nun geht es rasant aufwärts. Jahr für Jahr verzeichnet die Firma Biketec AG Zuwachsraten von über 100 %, ist als Pionier praktisch der einzige Player auf dem Markt und schafft es vom innovativen Start-up zum internationalen KMU. Als eingeschworene Truppe wird teilweise fast Tag und Nacht gearbeitet, man verbringt Wochenenden auf Messen, organisiert und bietet unzählige Probefahrten, entwickelt neue FLYER Serien und sucht Vermarktungspartner. Einer jener Partner ist die Herzroute. Per Zufall kommt Kurt Schär mit Paul Hasler, dem Schöpfer der Herzroute, in Kontakt. Sie kommen zum Schluss, dass für die höhenmeterreiche Route ein E-Bike das perfekte Fortbewegungsmittel ist. Seither geniessen jährlich Tausende ausgedehnte E-Bike Touren quer durch die Schweiz.

Mit dem rasanten Wachstum gerät die Produktionsstätte in Kirchberg (BE) im Laufe der Jahre an ihre Grenzen. «Wir mussten etwas ändern, haben verschiedene Standorte angeschaut und entschieden uns schliesslich für einen Neubau in Huttwil», erzählt Kurt Schär. 2009 feiert das neue FLYER Werk seine Eröffnung. «Diese rund 20'000 Besucher, die durch das neue Werk spazierten, das war aussergewöhnlich», erzählt Kurt Schär weiter. Im selben Jahr wird das erste vollgefederte E-Mountainbike getestet und damit die Grundlage für eine weitere Branchenumwälzung gelegt.

Vier Jahre später ist FLYER bereits erfolgreich in Deutschland. Der Euroschock und ein Bericht der Stiftung Warentest hinterlassen jedoch ihre Spuren. Kurt Schär entscheidet für die neuen Herausforderungen Investoren und einen neuen CEO zu suchen und zieht sich anschliessend komplett aus der Firma zurück. Doch als Pionier in der Branche hat das E-Bike Kurt Schär nie ganz losgelassen. Er amtet mittlerweile als Verwaltungsratspräsident der Herzroute AG und gerade hier rund um die «Sunnsite» ist er nach wie vor begeistert mit dem FLYER E-Bike unterwegs.

von Yvonne Wyss
30. Juli 2020